Größer als die vielen Kleinbetriebe, aber kleiner als die bekannten Konzerne: Die Unternehmen des großen Mittelstands, die sogenannten Mid Caps, liegen „irgendwo dazwischen“. Die Politik nimmt sie von Förderprogrammen für kleine und mittlere Betriebe aus, mutet ihnen aber zugleich einen genauso hohen Bürokratie- und Regulierungsaufwand zu wie den ganz Großen.
Insgesamt arbeiteten im Jahr 2022 fast 10,4 Millionen und damit mehr als 29 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland in Unternehmen des großen Mittelstands.
Dabei gibt es gute Gründe für die Politik, die Belange der Mid Caps in Deutschland stärker zu berücksichtigen. Das machen schon einige Kennzahlen deutlich. Gängigen Kriterien zufolge zählen zu den Mid Caps Unternehmen mit 250 bis 3.000 Beschäftigten. Damit kommt man hierzulande auf rund 16.400 Unternehmen des großen Mittelstands. Das sind zwar nur knapp 0,5 Prozent aller in Deutschland angesiedelten Firmen, für den Arbeitsmarkt sind die Mid Caps jedoch ungleich bedeutsamer.
Insgesamt arbeiteten im Jahr 2022 fast 10,4 Millionen und damit mehr als 29 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland in Unternehmen des großen Mittelstands.
Besonders hoch war der Beschäftigungsanteil der Mid Caps in der Industrie, der Energie- und Wasserversorgung sowie bei den sozialen und persönlichen Dienstleistern – zu Letzteren gehören zum Beispiel privatwirtschaftliche Anbieter im Gesundheits- und Pflegesektor.
Innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes sind die Mid Caps am stärksten im Maschinenbau, im Zweig „Mineralöl, Chemie, Pharma, Kunststoffe“ sowie im Bereich „Nahrungsmittel, Getränke, Tabak“ vertreten.
Schaut man auf die regionale Verteilung, finden sich die großen Mittelständler vor allem in den süd- und westdeutschen Flächenländern sowie in den Stadtstaaten.
Je eine Million Einwohner gerechnet, sind in Hamburg (179), Bremen (166) und Baden-Württemberg (161) die meisten führenden mittelständischen Unternehmen angesiedelt, bei den absoluten Zahlen liegt Nordrhein-Westfalen mit 2.281 Unternehmen vorn.
Um die Relevanz der Mid Caps für die deutsche Wirtschaft vollständig zu erfassen, gilt es, auch auf zwei Untergruppen zu schauen:
- Hidden Champions. Diese „heimlichen Weltmarktführer“, die zum großen Teil zu den Mid Caps zählen, sind in der Öffentlichkeit zwar wenig bekannt, gehören in ihrem jeweiligen Marktsegment aber zu den global führenden Unternehmen (siehe „Hidden Champions: Die Starken aus der zweiten Reihe“). Aufgrund dieser starken Marktposition und weil sie nicht nur weltweit exportieren, sondern oft auch im Ausland produzieren, können die Hidden Champions unter anderem die in Deutschland stark gestiegenen Energiekosten besser verkraften als andere Betriebe. Damit sind Hidden Champions in der aktuellen Konjunkturkrise ein Stabilitätsanker für die deutsche Wirtschaft.
- Große Familienunternehmen. Knapp 4.900 Mid Caps sind eigentümergeführte Familienunternehmen. Diese spielen vor allem im ländlichen Raum eine große Rolle:
In einigen Regionen wie beispielsweise im Vogelsbergkreis (Hessen) und im Kreis Unstrut-Hainich (Thüringen) sind fast neun von zehn aller dort angesiedelten Firmen mit mehr als 250 Beschäftigten in Familienhand.
Ländliche Regionen mit einem hohen Anteil an Familienbetrieben sind im Schnitt wirtschaftsstärker, weisen eine niedrigere Arbeitslosenquote auf und zeigen sich in wirtschaftlichen Krisenphasen stabiler als andere Regionen. Zudem engagieren sich Familienunternehmen und ihre Eigner an ihrem Standort oft kulturell und/oder sozial.
Vor diesem Hintergrund ist es umso bedenklicher, dass nach einer langen Wachstumsphase zwischen 2003 und 2018 die Mid Caps seit einigen Jahren stagnieren – sowohl mit Blick auf ihre Zahl als auch die Beschäftigung und die realen Umsätze. Besondere Herausforderungen stellen sich dem großen Mittelstand unter anderem durch die geopolitischen Krisen, aber auch durch die spezifischen Probleme am Standort Deutschland – zum Beispiel die teils marode Infrastruktur, der Fachkräftemangel und eine überbordende Bürokratie.
Rahmenbedingungen müssen besser werden
Um wieder stärker wachsen zu können, sind die Mid Caps auf gute wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen angewiesen. Die Politik in Deutschland sollte deshalb verstärkt investieren, um infrastrukturelle Engpässe zu beseitigen – also zum Beispiel die Verkehrsnetze auf Vordermann zu bringen. Dringend erforderlich ist es auch, die öffentliche Verwaltung konsequent zu digitalisieren. Zugleich braucht es einen Abbau bürokratischer Regulierungen und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. Und eine Reform des Sozialsystems – etwa der Abbau von Frühverrentungsanreizen – kombiniert mit mehr Fortbildungsangeboten könnte die Arbeitsanreize erhöhen und so den Fachkräfteengpässen entgegenwirken.
Auf internationaler Ebene würden die deutschen Mid Caps nicht zuletzt von mehr Freihandelsabkommen der EU profitieren – etwa dem seit Jahren verhandelten Abkommen mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.
Quelle: iwd